Das Wort „Karton“, entlehnt aus dem Französischen („carton“), hat zwei Bedeutungen: Es ist ein aus Zellstoff, Holzschliff und Altpapier hergestellter Werkstoff und eine aus diesem Werkstoff hergestellte Kartonage. Als Synonyme für den Karton finden die Begriffe Box, Pappkiste und (Papp)Schachtel Verwendung.
Die Grammatur des Werkstoffes variiert zwischen 150 g/m² und 600 g/m². Dadurch zählt das Material Karton sowohl zum Bereich der Papiere als auch zum Bereich der Vollpappen und Wellpappen.
Die Papierindustrie der EU stellt jedes Jahr etwa 40 Millionen Tonnen Papier, Karton, Voll- und Wellpappen zu Verpackungszwecken her.[1] Die deutsche Papierindustrie produziert rund 22,7 Millionen Tonnen, wobei ungefähr 17,2 Millionen Tonnen Altpapier zum Einsatz kommen. Das entspricht einer Altpapierquote von circa 76 Prozent.[2]
Ein hochwertiger Faltkarton besteht beispielsweise aus brauner oder weißer Wellpappe. Zwei Deckenbahnen (Englisch: „Liner“) sorgt für eine glatte Innen- und Außenschicht. Die Wellenbahn in der Zwischenschicht hat Einfluss auf die Belastbarkeit der Kartonagen und ihre Stabilität. Es gibt 1-, 2- und 3-wellige Varianten in unterschiedlichen Ausführungen: von Mikro-, über Fein- bis Grobwelle.
Inhaltsverzeichnis
ToggleHerstellung/Produktion: Wie entsteht Karton?
Die Produktion des Werkstoffs Karton ähnelt der Papierherstellung. Das Recyclingmaterial durchläuft einen Entfärbungsprozess, bevor es – vermengt mit Wasser und Zusatzstoffen – dem Zellstoff (Frischfasern aus Holz) beigefügt wird. Daraus entsteht eine breiartige Masse.
Die darin befindlichen Fasern richten sich in dem siebartigen Endloslaufband der Kartonmaschine entsprechend der Laufrichtung des Siebes aus. Die auf diese Weise erzeugten Papierbahnen werden nass aufeinandergepresst.
In der Kartonmaschine durchläuft diese Endlosbahn verschiedene Walz- und Trocknungszylinder (Kalander). Nur fünf Prozent der verwendeten Chemikalien bleiben im Karton zurück. Ist die Trocknung beendet, erhält der Karton ein Coating. Dabei handelt es sich in der Regel um eine weiße Flüssigkeit aus Kalk, Bindemitteln und Füllstoffen. Diese Streichfarbe sorgt dafür, dass sich später Beschriftungen und Bilder auf den Karton aufbringen lassen.
Der bestrichene Rohkarton durchläuft eine letzte Walz- und Trocknungsphase. Danach erfolgt der Zuschnitt der Endloskartonbahn in einzelne Bögen.
Solange die Papierfasern physikalisch und biologisch intakt sind, können sie theoretisch bis zu 25-mal über den Recycling-Kreislauf wieder in der Papierherstellung eingesetzt werden. Die Fasern verkürzen sich allerdings mit jedem Recyclingprozess. Damit das Endprodukt trotzdem die gewünschte Qualität aufweist, ist der Anteil an Recyclingfasern begrenzt. Die Beimengung neuer Fasern/Frischfasern verhindert eine qualitative Verschlechterung.
Wofür werden Kartons verwendet?
Die Verpackungsindustrie setzt Kartons als Primärverpackungen, als Sekundärverpackungen und als Transportverpackungen ein. Sekundärverpackungen können dabei auch gleichzeitig als Transportverpackungen dienen. Das ist beispielsweise bei Shelf-Ready-Packaging (Regal-/ Handelsgerechte Verpackungen) der Fall.
- Primärverpackungen aus Karton stehen direkt mit dem Produkt in Kontakt. Kartonagen eignen sich im Lebensmittelbereich für trockene Produkte wie Nudeln.[3]
- Sekundärverpackungen sind Umverpackungen. Dabei handelt es sich beispielsweise um Shelf-Ready-Verpackungen, die mit einem Griff geöffnet und als EInheit ins Regal gestellt werden.
- Transportverpackungen aus Wellpappe sorgen für einen sicheren Transport der Packgüter. Sie schützen die darin befindliche Ware vor Transportschäden während des gesamten Logistikprozesses. Gleichzeitig können sie als Informationsträger und Markenbotschafter dienen.
Welche Arten von Kartons gibt es?
Kartons bestehen aus Recyclingfasern und Frischholzfasern. Je schwerer, zerbrechlicher oder hochwertiger das Packgut ist, desto höher fallen die Ansprüche an die Qualität und Stabilität von Kartons aus. Soll der Werkstoff besonders stabil sein, erhöht ein Frischholzfaser-Anteil die Festigkeit. Für Kartons aus Wellpappe ist das Grundmaterial von Zwischen- und Deckenbahnen, das Wellpappenrohpapier, entscheidend.
Experten differenzieren zwischen drei Papierarten[4]:
- Kraftliner
- Testliner
- Schrenzpapier
Kraftliner: strapazierfähige Kartonagen von hoher Qualität
Kartons aus Wellpappe, die hohen Belastungen standhalten müssen, sind mit einer Deckenbahn aus Kraftliner-Papier versehen. Diese schützt den Karton vor dem Bersten und Einreißen. Für Kraftliner-Papier kommen bis zu 80 Prozent Primärfasern aus unverarbeitetem Holz zum Einsatz. Dadurch erweisen sich die fertigen Kartonagen als stabil, reißfest und von hoher Beständigkeit. Sie eignen sich zum Versenden von schwerer oder wertvoller Ware und für Güter, die einen langen Transportweg vor sich haben.
Je nachdem, ob Weichholz oder Hartholz Verwendung findet und wie hoch der Anteil an Recycling-Fasern innerhalb des Kraftliner-Papiers ausfällt, zeigen sich bei den Kartonagen gewisse Farbunterschiede. Die Bandbreite reicht von dunkelbraun bis hellbraun beziehungsweise gräulich.[5]
Eine besondere Art des Kraftliner-Papiers ist die Hygienewelle®, eine Produktentwicklung von Gissler & Pass: Sie besteht aus durchgebleichtem weißen, komplett altpapierfreiem Kraftliner-Papier und eignet sich daher auch für Lebensmittel, die direkt mit der Verpackung in Berührung kommen.[6]
Testliner: leistungsfähige, umweltfreundliche Kartonagen
Testliner-Papier ist ein leistungsfähiges, mehrlagiges Standardpapier der Wellpappenindustrie und sowohl naturfarben als auch als weißes Papier erhältlich. Es eignet sich für Verpackungen, die weniger Belastungen ausgesetzt sind. Testliner besteht zu 100 Prozent aus Recyclingfasern. Dadurch ist es in der Herstellung günstiger als Kraftliner-Papier. Allerdings weisen Testliner-Deckenbahnen eine geringere Festigkeit auf.
Die Qualität der aus diesem Material hergestellten Kartons hängt mit der Güteklasse der verwendeten Altpapiere zusammen. In Deutschland gibt es drei Testliner-Arten: In der Güteklasse T1 finden die hochwertigsten Recyclingpapiere Verwendung. Die Güteklasse T2 und T3 verwenden weniger hochwertige Rohstoffe.[7]
Schrenz: Zwischendecke bei mehrwelligen Wellpappen
Hinter dem Begriff „Schrenzpapier“ verbirgt sich Papier aus unsortierten Recyclingfasern (geringe Güteklasse). Als sehr feuchtigkeitsempfindliches Papier findet es als Zwischendecke bei mehrwelligen Wellpappen Verwendung und lässt sich als Füllmaterial nutzen, um Hohlräume innerhalb des Kartons aufzufüllen und empfindliche Ware zu schützen.[8]
Welche Arten von Kartons gibt es ?
In der Regel gleicht kein Karton dem anderen, da er meist maßgeschneidert an das Produkt angepasst wird.
Um jedoch eine einfache und eindeutige Kommunikation zwischen Kunden und Herstellern zu erzielen, gibt es verschiedene standardisierte Codes, die die diversen Ausführungsformen der Verpackungen in ein einheitliches, international verständliches System bringen.
Ein Code ist der FEFCO-ESBO-Code. Mit ihm lassen sich die verschiedenen Verpackungsmittel aus Wellpappe und Vollpappe eindeutig beschreiben, denn er ordnet Verpackungsmittel aus Wellpappe und Vollpappe in diverse Kategorien ein.[9]
- Faltkisten
- Deckelschachteln
- Falthüllen und Trays
- Schiebeschachteln
- Formfeste Schachteln
- Fertig geklebte Schachteln
- Inneneinrichtungen[10]
Vorteile und Nachteile
Bei der Nutzung von Karton als Werkstoff ergeben sich Vorteile und Nachteile.
Vorteile der Nutzung von Verpackungen aus Karton
- Umweltfreundlichkeit: Karton ist ein umweltfreundlicher Rohstoff, der zu 100 Prozent recycelbar ist.
- Flexibilität: Es gibt unterschiedliche Materialqualitäten, sodass sich optimale Verpackungslösungen für jeden erdenklichen Bedarf finden lassen.
- Schutz: Kartons aus Wellpappe sind außerordentlich stabil und schützen das Produkt während des gesamten Logistikprozesses.
- Bedruckbarkeit: Kartons eignen sich optimal für eine individuelle Bedruckung mit Produkt- und Warnhinweisen sowie Werbe- und Markenbotschaften.
Nachteile der Nutzung von Verpackungen aus Karton
- Geringer Schutz gegen Feuchtigkeit, fehlende Barriere-Eigenschaften: Bei Kontakt mit Wasser leiden die Festigkeit und Stabilität von Kartons.
Dort, wo Schutz vor Feuchtigkeit, Fetten, Ölen, Verunreinigungen etc. benötigt wird (z.B. Lebensmittelindustrie, Hygieneartikel/Waschmittel) können jedoch sogenannte Barrierepapiere eingesetzt werden. Durch spezielle mehrlagige Strichaufträge wird eine dichte und geschlossene Papieroberfläche erzeugt, die sowohl Verunreinigung auch das Durchdringen von z.B. Fetten und Feuchtigkeit verhindert.
Auch der Verbund von Karton mit anderen Materialien wie Glas oder Kunststoff kann die fehlenden Barriere-Eigenschaften neutralisieren.
[1] Welt der Verpackung: https://www.tag-der-verpackung.de/materialien.html
[2] Umweltbundesamt: Altpapier: https://www.umweltbundesamt.de/daten/ressourcen-abfall/verwertung-entsorgung-ausgewaehlter-abfallarten/altpapier#die-deutsche-papierindustrie
[3] De-Pack: Was ist eine Primärverpackung: https://www.de-pack.de/knl/was-ist-eine-primaerverpackung
[4] VDW – Die Wellpappenindustrie: Wellpappe-Wissen: https://www.wellpappe-wissen.de/wissen/papier/wellpappenrohpapier/papiereinsatz.html
[5] Wellpappe-Wissen: Deckenpapiere: Kraftliner: https://www.wellpappe-wissen.de/wissen/papier/wellpappenrohpapier/deckenpapiere-kraftliner.html
[6] Gissler & Pass: Unsere Hygienewelle: https://gissler-pass.de/unternehmen/innovationen-2/hygienewelle/
[7] Wellpappe-Wissen: Deckenpapiere: Testliner: https://www.wellpappe-wissen.de/wissen/papier/wellpappenrohpapier/deckenpapiere-testliner.html
[8] Wellpappe-Wissen: Deckenpapiere: Schrenz: https://www.wellpappe-wissen.de/wissen/papier/wellpappenrohpapier/deckenpapiere-schrenz.html
[9] Kartonara: FEFCO-ESBO-Code: internationaler Standard für Kartons: https://www.kartonara.de/wissenswertes/standards/fefco-esbo-code-internationaler-standard-fuer-kartons
[10] FEFCO: Internationaler Code für Versandverpackungen: https://www.fefco.org/sites/default/files/files/FEFCO_ESBO_codes_of_designs.pdf